Montag, 5. Juli 2010

Prolog.

Auf dem abgestandenen Wasser hatten sich Bläschen gebildet, die wie eine hauchdünne Haut auf dem kleinen Wasserloch zwischen den Feldern trieben.
Sie hatte sich immer gefragt, wie sie entstanden. Schon als kleines Kind hatte sie sie immer auf den Wasserläufen im Teardrop Park gesehen, wenn sie Staudämme gebaut und an stillen Seeufern gesessen hatte.
Aber hier war sie nicht an der idyllischen Wasserlandschaft, die mitten in Manhattan ausgebaggert worden war und an der sie sich sicher fühlte.
Sie war mitten in der Wildnis mit nichts als dem erbarmungslosen Rauschen des Windes in den Ohren.
Hier brannte die Sonne gnadenlos vom blauen Himmel, blendete sie mit ihrer Reflexion im Wasser.
Um sie herum war nichts zu sehen als eine endlose grüne Ebene. Keine Hügel oder Berge in der Ferne, keine Zeichen von Zivilisation, keine Wälder, gar nichts. Nur sie, das Wasserloch und das ewige Grün.
Cloe kam die Zeit an diesem Ort vor wie eine Ewigkeit, doch sie spürte nichts. Keine Angst, keinen Durst, keine Langeweile. Sie wusste nicht einmal, ob sie überhaupt dachte. Alles, was sie wahrnahm, war das Rauschen des Windes in ihren Ohren.
Doch beim nächsten Wimpernschlag – hatte sie vorher geblinzelt? - veränderte sich das Bild drastisch.
Die Sonne wurde zu einer hellen Lampe, der Wind zu wütenden Schreien und das helle Grün zu allumfassender Dunkelheit.
Die Angst, die sie vorher nicht einmal wahrgenommen hatte, schnürte ihr jetzt die Kehle zu. Schlagartig kamen ihre Erinnerungen zurück.
Cloe kniff sofort wieder ihre Augen zu, halb in der Hoffnung der Realität zu entfliehen, halb, weil das Licht zu grell war.
Das konnte unmöglich Maxs Zimmer sein. Es war zu hell, zu laut und zu unbequem.
Die Stimmen mussten sie geweckt haben. Sie schrien sich an und klangen vertraut.
Langsam öffnete Cloe ihre Augen erneut.
Das Licht kam von einer OP-Lampe, die unverändert erbarmungslos auf sie herab strahlte. Ihr gefror das Blut in den Adern, als sie um sich herum Schänke aus Metall erkannte, die wie Ungeheuer aus den Schatten aufragten. Zweifellos befand sie sich hier in einem Operationssaal.
Gefesselt.
Cloe konnte sich nicht bewegen. Sie lag gefesselt mitten im Raum. Auf einem Operationstisch.
Und keine drei Meter entfernt standen Max und Austin und schrien sich immer noch an.

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